Moving people story
Ich floh 2010 aus dem Iran,
weil es große Probleme gab, als meine Mutter vom Islam zum Christentum wechselte. Mein Vater hatte ebenfalls seit einer Weile das Gefühl, dass er sich im Islam nicht mehr zu Hause fühlte. Aber er wagte nicht, es zu sagen, bis meine Mutter damit herauskam. Also schienen sie dasselbe zu denken.
Der Name meiner Mutter stand auf dieser Liste
Für meine Mutter war es nicht einfach, in die Kirche zu gehen. Die Basij, die islamistischen Milizen, hatten alles unter Beobachtung. Meine Mutter ging in eine unterirdische Kirche in unserer Heimatstadt Isfahan, aber sie wurde entdeckt einschließlich einer Liste mit Namen von Besuchern. Der Name meiner Mutter stand auf dieser Liste. Zur gleichen Zeit wurde eine ganze Familie in unserer Straße von den Basij-Milizen ermordet. Dasselbe könnte auch uns passieren.
Nachts überquerten wir heimlich die Grenze.“
Wir gingen und haben alles zurückgelassen. Durch meinen Onkel haben wir einen Schlepper gefunden. Zu Fuß und mit dem Bus reisten wir bis zur Grenze nach Armenien. Nachts überquerten wir heimlich die Grenze.
Der Schlepper hat uns gefälschte Pässe und Flugtickets nach Amsterdam gegeben. In Schiphol lägen neue gefälschte Pässe in einer Toilette für uns bereit, mit denen wir nach Kanada reisen könnten. In Schiphol gingen wir direkt zu den Toiletten, aber Stunden später war immer noch keiner gekommen. Wir hatten Angst, der Schlepper hätte uns betrogen. Wir konnten nirgendwo hin gehen. Wir waren erschöpft und hatten zwei Tage nichts gegessen.
Aus Verzweiflung meldete meine Mutter uns dann bei der Marechaussee (niederländische Gendarmerie [Hrsg.]). Mit Hilfe eines Dolmetschers erzählte sie unsere ganze Geschichte und fragte, ob sie uns nach Armenien zurückschicken würden. Aber die Gendarmen sagten, sie könnten uns helfen. Wir sollten einen Asylantrag stellen.
In den Niederlanden landeten wir im Registrierungszentrum von Schiphol. Mein Bruder und ich waren sehr wütend auf unsere Mutter, weil sie uns das angetan hatte. Ich wurde depressiv und musste mich in psychologische Behandlung begeben.
Ich habe das Gefühl, als wenn ich mein Ich im Iran zurückgelassen hätte
Gleichzeitig sah ich, dass meine Mutter durch das Christentum ruhiger geworden war. Der Wechsel der Glaubensrichtung hatte ihr gut getan. Wir sahen, dass wir zwar viele Dinge verloren, aber auch ein neues, gutes Leben gefunden hatten. Daher beschlossen mein Bruder und ich ebenfalls Christen zu werden. Durch einen Afghanen im AZC (Zentrum für Asylsuchende [Hrsg.]) bekamen wir die Adresse einer Kirche in der Nachbarschaft.
Und jetzt haben mein Bruder und ich eine Facebook-Gruppe für christliche Iraner gegründet. Einige Mitglieder gehen in geheime Kirchen im Iran. Das ist nicht einfach und nicht ohne Gefahr. Zurzeit haben es die Christen im Iran immer noch schwer.
Obwohl wir hier unserem Glauben in völliger Freiheit nachgehen können, möchten mein Bruder und ich eines Tages gerne zurückkehren. Ich habe das Gefühl, als ob ich mein Ich im Iran zurückgelassen hätte. In Isfahan wollen wir uns der dortigen Kirche anschließen. Auf diese Weise können wir den Traum unserer Mutter verwirklichen.