Ich flüchtete 2013 aus Syrien,

weil der syrische Bürgerkrieg für uns zu gefährlich wurde. Mein Mann und ich lebten in Damaskus. Er arbeitete als Arzt, ich stand vor der Klasse. Wir hatten es gut zusammen. Wir wollten eine Familie gründen. Wir hatten gespart, hatten ein schönes Haus, Land, Geld und eine Zukunft.

Unser Stadtteil wurde Schauplatz schwerer Kämpfe

Dann brachen 2011 die Aufstände gegen Präsident Assad aus. In Damaskus wurde friedlich protestiert, aber die Regierungsarmee schlug die Aufstände immer öfter mit roher Gewalt nieder. Der Konflikt weitete sich schließlich zu diesem schrecklichen Bürgerkrieg aus. Unser Stadtteil wurde Schauplatz schwerer Kämpfe zwischen Armee und Aufständischen. Luftangriffe waren an der Tagesordnung. Bomben zerstörten unsere Stadt.

Wir mussten gehen! Unser neugeborener Sohn Ahmed war kaum vier Wochen alt. Kurz darauf wurden chemische Waffen in unserem früheren Stadtviertel eingesetzt, so dass viele Menschen erstickten und starben.

Wir fuhrenmit dem Auto an den vielen Wachposten der Armee vorbei. Auf wundersame Weise gelang es, die Grenze zum Libanon zu überqueren. In der Hauptstadt nahmen wir ein Flugzeug nach Ägypten. Weil mein Mann Familie in den Niederlanden hatte, wollten wir schließlich dorthin.

Es war eine lange Reise auf einem überfüllten Boot

In Ägypten suchten wir nach einem Schlepper, der uns helfen sollte, nach Europa zu kommen. Das war der einzige Weg, um wegzukommen. Wir gaben ihm all unsere Ersparnisse und fuhren mit dem Boot nach Italien. Sie sagten, die Überfahrt wäre kurz und übersichtlich, also wagten wir es.

Aber es wurde zur Hölle. Es war eine lange Reise auf einem Boot, das viel zu voll war. Es gab viele Familien mit kleinen Kindern. Es gab kein Essen, viele Menschen wurden krank. Ich konnte Ahmed nur mit etwas Wasser versorgen, weil meine Milchproduktion aufgehört hatte. Als ein Sturm ausbrach, dachte ich, das wäre das Ende. Alle waren verängstigt. Nach ein paar Stunden, glaube ich, hörten wir einen Hubschrauber und sahen ein Rettungsboot. Das hat uns geholfen, ans Ufer zu kommen. Wir waren so erleichtert! Ich bin diesen Menschen so dankbar, dass sie uns gerettet haben.

In den Niederlanden landeten wir schließlich in einem Asylbewerberheim. Es tut mir weh, Bilder aus Syrien zu sehen. Sie zeigen, was IS und Assad angerichtet haben. Alles ist zerstört, von diesem schönen Land ist kaum noch etwas übrig! Denn das war es, ein schönes Land. Jetzt sind die Städte zerstört, hunderttausende Menschen sind gestorben und Millionen sind geflohen.

Ich möchte nur, dass der Krieg aufhört. Aber selbst wenn morgen alle ihre Waffen ablegen, wird es Jahrzehnte dauern, bis das Land wieder aufgebaut werden kann.

Und jetzt hoffe ich, dass wir etwas zur Ruhe kommen. Wir müssen noch einmal von vorne anfangen. Wir hatten alles, jetzt haben wir nichts mehr. Nur einander. Wir wollen für uns drei wieder ein Leben aufbauen. Für uns selbst, aber besonders für Ahmed. Mein größter Wunsch ist es, ihn in Frieden und Sicherheit aufwachsen zu sehen. Und mit einer Zukunft.